Haushaltsrede 2021 des SPD-Fraktionsvorsitzenden Andreas Bär

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
werte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren aus Verwaltung, Presse und Bürgerschaft,

lassen Sie mich zu Beginn einen Blick zurück werfen: Zu Beginn des Jahres 2017 habe ich den damals zum Beschluss vorliegenden Haushaltsentwurf als Zeichen der Stabilität in einer immer turbulenteren Welt bezeichnet. Wer hätte gedacht, dass dies vier Jahre später erneut gilt: Der damals erwähnte anstehende Brexit wie auch die seinerzeit beginnende Präsidentschaft Donald Trump sind mittlerweile Geschichte, doch hat heute die Corona-Pandemie die Welt, Deutschland und auch Nidderau weiter im Griff. Wir sind seit etwa einem Jahr Zeuge einer Jahrhundertkatastrophe, deren Folgen ökonomisch, sozial und gesundheitlich noch nicht absehbar sind. Ich spreche hoffentlich für das gesamte Haus, wenn ich den Wunsch äußere, dass diese Pandemie in den kommenden Wochen und Monaten keine weiteren schlimmen Folgen für unsere Stadt und die in ihr lebenden Menschen mit sich bringen wird. Gleiches wünsche ich mir für die Vereine, Unternehmen, Kirchen und Einrichtungen unserer Stadt.

Natürlich hat diese Pandemie auch Auswirkungen auf den städtischen Haushalt und seine Beratungen: Dies begann bei der späteren Einbringung des Haushalts aufgrund von sich oft ändernden Vorgaben und Daten, ging über aufwändigere und zum ersten Mal rein online stattfindende Haushaltsberatungen und endet nun – wie in vielen anderen Kommunen auch – mit einer Beschlussfassung im Februar. Und ebenfalls pandemiebedingt werde ich mich heute an dieser Stelle, an der die Haushaltsreden gehalten werden, knapp fassen. Wir wären sogar bereit gewesen, vor dem Hintergrund der Pandemie gänzlich auf das Halten der Haushaltsreden zu verzichten, respektieren aber den Wunsch der Opposition, die dies für unverzichtbar hält. Allerdings bitte ich schon jetzt um Verständnis, dass die SPD-Fraktion sich bei der Debatte um die zahlreichen Haushaltsanträge zurückhalten wird. Nicht weil sie keine fundierte Meinung dazu hätte, sondern weil die Debatten allesamt bereits öffentlich im Haupt- und Finanzausschuss geführt wurden. Für uns hat die Gesundheit anderer Menschen in Form einer zügigen Sitzung Vorrang vor der politischen Inszenierung und hoffen, damit nicht alleine zu sein.

Man sollte an dieser Stelle noch einmal betonen: Die erwähnte spätere Einbringung des Haushalts ist auch rückblickend eine richtige Entscheidung gewesen und die immer wieder geäußerten Mutmaßungen der Opposition, die darin ein Wahlkampfmanöver im Hinblick auf die Bürgermeisterwahl vermutete, haben sich als falsch und ein eigenes Wahlkampfmanöver erwiesen. Gerade die spätere Einbringung ermöglicht die gute Nachricht, dass trotz Corona ein ausgeglichener Haushalt mit sinnvollen Investitionen, aber ohne Steuererhöhungen möglich ist.

Nun bin ich ehrlich und mir ist natürlich bekannt, dass es in Nidderau vor zwei Jahren zu einer Erhöhung der kommunalen Steuern kam, die nicht in einem Zusammenhang mit Corona standen. Zur Ehrlichkeit gehört aber eben auch, und da bin ich auf die Einlassungen der Opposition gespannt, dass laut einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernest & Young 85 % der hessischen Kommunen höhere Steuern und Gebühren für den nun anstehenden Haushalt planen. Als Bürger dieser Stadt bin ich froh, dass Nidderau nicht dazu gehört.

Natürlich freue ich mich darüber, dass es in den letzten Monaten zu zusätzlichen Einnahmen bei der Gewerbesteuer kam und wäre dankbar, wenn dies auch zukünftig der Fall wäre. Gleichermaßen gehört aber auch zur Wahrheit, dass wir aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen um uns herum mit dem heute zu beschließenden Haushaltsentwurf insgesamt zufrieden sein können: Der Haushalt macht – auch dank der klaren Absage an unfinanzierbare Forderungen aus den Reihen der Opposition – einen soliden Eindruck. Dass wir als SPD solchen Forderungen eine Absage erteilten, hängt auch mit unserer Haltung zusammen: Für uns stehen die Interessen unserer Stadt über denen unserer Partei. Denn zuallererst sind die Mitglieder der SPD-Fraktion Bürgerinnen und Bürger von Nidderau.

Der Haushaltsentwurf strahlt Seriosität und gleichzeitig Zuversicht aus. In ihm finden sich aus unserer Sicht ehrliche Zahlen, während auf Himmelsschlösser verzichtet wird, obwohl gerade ein Kämmerer diese vor dem Hintergrund der anstehenden Kommunalwahl durchaus hätte einbauen können.

Ich bin froh, dass Rainer Vogel und sein Team auf solche Spielchen verzichtet haben und dem Anstand den Vorrang vor Wahltaktik gegeben haben. Ich würde mir wünschen, wenn dies alle politischen Akteure beherzigen würden. Unsere Stadt hätte es verdient.

Lassen Sie uns einen Blick auf einige Zahlen des Haushalts werfen: Ein richtiges und wichtiges Zeichen ist die vorgesehene Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehren unserer Stadt in den kommenden zwei Jahren. Das Situation um das Hochwasser hat uns wieder einmal vor Augen geführt, wie bedeutend das Engagement der Kameradinnen und Kameraden für unsere Stadt ist. Diesen möchte ich an dieser Stelle meinen Dank und meine Anerkennung aussprechen, ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.

Was ist konkret für unsere Wehren vorgesehen? Der Neubau des Feuerwehrhauses in Eichen wird beendet; ein LF 10, also ein Löschgruppenfahrzeug, ein Einsatzleitwagen, ein Hubrettungsfahrzeug, also die berühmte Drehleiter mit Korb, und ein Tragkraftspritzenfahrzeug sollen angeschafft werden. Nimmt man alle Beträge zusammen, fließen in den kommenden zwei Jahren etwa 2 Millionen Euro in die Ausrüstung unserer Wehren. Und ich bin mir sicher: Jeder Euro davon ist gut angelegt.

Mit der Erweiterung der Eicher KiTa, dem Ausbau des Rathauses, der Sanierung des Jugendzentrums und des Nidderbads sowie dem Abschluss des Baus der Zweifeldhalle in Ostheim setzen wir entstehende Bedürfnisse in sich ändernden Zeiten zielgerichtet um.

Es wird deutlich, dass es auch weiterhin unser Anspruch bleibt, Nidderau gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern erfolgreich zu gestalten. Dies zeigt sich auch in den eingestellten Mitteln für Grundstückskäufe und projektbezogene Planungsmittel, sei es für die Nutzung des Erbstädter Pfaffenhofs oder eine Zusammenlegung von Sportanlagen.

Mit Geschwindigkeitskeitsanzeigetafeln und einer neuen Messanlage wollen wir dem Wunsch der Menschen nach ruhigerem Verkehr entsprechen. Übrigens auch in der Heldenberger Ortsdurchfahrt, wo wir eine gemeinsame Lösung zur Umgestaltung mit den Beteiligten finden wollen.

Lassen Sie mich ein Wort zu den Anträgen der Opposition verlieren: Es ist das Recht und die Pflicht einer parlamentarischen Opposition, den Finger in die Wunde zu legen. Davon lebt der parlamentarische Betrieb und unterscheidet die Demokratie von einer Diktatur. Gefährlich wird es hingegen, wenn diese Kontrollfunktion für den Wahlkampf zweckentfremdet wird und mit unrealistischen Forderungen unerfüllbare Erwartungen auf Seiten der Bürgerinnen und Bürgern geschürt werden. Wenn dies sogar trotz besseren Wissens geschieht, dann ist dies aus Sicht der SPD-Fraktion unredlich.

Lassen Sie mich dies an zwei Beispielen verdeutlichen: Die CDU fordert in ihren Haushaltsanträgen Mehrausgaben in Millionenhöhe für Sportplätze, Straßenbau, Freizeiteinrichtungen, etc., macht im Gegenzug aber keine Sparvorschläge, sondern will sogar noch die Hundesteuer abschaffen. Ich sage es ganz deutlich: Den Bürgerinnen und Bürgern auf diese Art und Weise Sand in die Augen zu streuen, ist nicht in Ordnung. Ein Wahlkampf und das Streben nach Macht rechtfertigen nicht jedes politische Manöver. Einen Schritt weiter geht – wie zu erwarten – die FWG, die per Beschluss die Grundsteuer senken will, obwohl die bestehenden Haushaltszahlen dies gar nicht hergeben und die Grundsteuer bei einem entsprechenden Überschuss automatisch gesenkt worden wäre.

Um es deutlich zu sagen: Würde die Stadtverordnetenversammlung heute Abend den Anträgen von CDU und FWG zustimmen, dann würde der Haushalt durch die Kommunalaufsicht nicht genehmigt werden können. Nidderau stünde handlungsunfähig dar. Solche Manöver erwartet man eher von den Gegnern der parlamentarischen Demokratie, aber nicht von einer Opposition, die sich dem Wohle der Stadt und dem Willen der Bürger verpflichtet fühlen sollte.

Könnte man die eben geschilderten Vorgänge noch als Wahlkampf verbuchen, geht die FWG noch einen Schritt weiter und fordert eine Reduzierung des Personalkostenansatzes für die Angestellten der Verwaltung um 10 %. Da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung nach Tarif entlohnt werden, bedeutet dies nichts anderes als eine angestrebte Kürzung der Anzahl an Angestellten um 10 %. Berücksichtigt man zusätzlich die regelmäßigen Tariferhöhungen, dann liegt der angestrebte Anteil sogar noch höher. Solche Kürzungen kann man nur dann ernsthaft fordern, wenn man der Überzeugung ist, dass die Arbeit im Rathaus problemlos von deutlich weniger Personen erledigt werden könnte. Berücksichtigt man ergänzend, dass die verschiedenen Fachbereiche der Verwaltung schon heute eine hohe Belastung anzeigen und eher mehr statt weniger Personal benötigen, dann bedeutet der Antrag der FWG nichts anderes als ein Signal nach Außen à la „Die Mitarbeiter im Rathaus schaffen nichts und klagen sogar noch über die angeblich viele Arbeit!“

Ich sage es im Namen der SPD-Fraktion ganz deutlich: Dieses Spiel machen wir nicht mit und verurteilen solche – natürlich unausgesprochenen und als Haushaltsantrag verklausulierte –   Aussagen auf das Schärfste! Im Wahlkampf das „Lied von der faulen Verwaltung“ zu spielen, aufgrund der die Bürgerinnen und Bürger hohe Steuern zahlen müssen, ist aus Sicht der SPD eine Unverschämtheit. Und das fieseste an diesem Manöver: Die Beschäftigten im Rathaus können sich nicht einmal dagegen wehren, weil sie sich nicht öffentlich dazu äußern dürfen.

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung: Die SPD-Fraktion steht hinter Ihnen und Ihrer Arbeit für die Menschen unserer Stadt. Gerade im letzten Jahr haben Sie gezeigt, dass die Menschen in dieser Stadt auf Sie zählen können. Herzlichen Dank für Ihre Arbeit und wir werden auch weiterhin allen Versuchen der Opposition, ihre Arbeit öffentlich zu diskreditieren, laut und deutlich widersprechen!

Ebenso danken wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kindertagesstätten unserer Stadt. Wir wissen, was Sie tagtäglich leisten und wie herausfordernd die momentane Situation für Sie ist. Gleichermaßen möchten wir den städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bauhofs, des Nidderbads und der Stadtwerke danken.

Uns ist bewusst, dass Politik und Verwaltung nur den Rahmen setzen können, in dem sich dann eine lebenswerte Stadt entwickeln kann. Deshalb ist es mir an dieser Stelle ein Anliegen, den ehrenamtlich Engagierten in Nidderau zu danken. Egal ob in den Sport-, Musik-, Geschichts- oder Heimatvereinen, sozialen und gesellschaftlichen Verbänden sowie Initiativen, kirchlichen und städtischen Gremien: Herzlichen Dank für die geleistete Arbeit, von der wir täglich profitieren dürfen.

Zuletzt noch eine persönliche Anmerkung: Heute ist die letzte Stadtverordnetenversammlung vor der anstehenden Kommunalwahl. Einige Persönlichkeiten, die die örtliche Kommunalpolitik über viele Jahre geprägt haben, stehen nicht auf dem Stimmzettel für eine weitere Amtsperiode. Diesen möchte ich zum Schluss für Ihr Engagement zum Wohle unserer Stadt danken.

Erwähnen möchte ich auf Seiten der SPD unseren Stadtverordnetenvorsteher Gunther Reibert, aber auch Hanstheo Freywald, seit kaum zu glaubenden 40 Jahren ehrenamtlicher Stadtrat, Fanny Withofs, Bernd Heinrich und Bernd Zeller. Ebenso danke ich auch den Stadtverordneten aus den anderen Fraktionen, die nicht mehr kandidieren, ganz herzlich, darunter Robert Racky, Corina Frenzel, Thomas Ulrich und Jürgen Jung und hoffe, niemanden vergessen zu haben.

Ich wünsche mir, dass sich die Gelegenheit ergibt, uns zu einer späteren Zeit in einem angemessenen Rahmen voneinander verabschieden zu können.

Ihnen Allen wünsche ich gute Gesundheit und erfolgreiche Beratungen.