Als „in der Sache ungerechtfertigt“ und „menschlich fragwürdig“ beurteilt Vinzenz Bailey, Vorsitzender der SPD Nidderau, die Forderung der CDU nach einem Rücktritt des Stadtverordnetenvorstehers Gunther Reibert von seinem Amt: „Es gibt für diese Forderung nicht den geringsten Grund. Vielmehr ist sie aus unserer Sicht alleine dem Bürgermeisterwahlkampf geschuldet. Auf dem Rücken des Stadtverordnetenvorstehers soll Stimmung für den CDU-Kandidaten gemacht werden. Den Angriff auf die Person Reibert und das Amt des Stadtverordnetenvorstehers, immerhin dem nach Protokoll ersten Bürger unserer Stadt, weisen wir auf das Schärfste zurück.“
Auch aus Sicht der SPD-Fraktion besteht für die Rücktrittsforderung kein plausibler Grund: „Der Stadtverordnetenvorsteher Gunther Reibert hat am 3. September, als es zwischenzeitlich zu Verschärfungen der Corona-Auflagen kam, den Fraktionsvorsitzenden mitgeteilt, dass er entschieden hat, die Stadtverordnetenversammlung am 16.09. wieder im sog. „Corona-Modus“ durchzuführen. Dies bedeutet, dass zwar alle Stadtverordneten an der Sitzung teilnehmen und sprechen können, allerdings nur ein Teil der Stadtverordneten abstimmungsberechtigt ist, und zwar im Verhältnis der von den Bürgern bestimmten Mehrheitsverhältnissen. Damit wollte Reibert ermöglichen, dass zur Risikogruppe gehörende Stadtverordnete der Sitzung aus gesundheitlichen Gründen fernbleiben können, ohne durch ihre Abwesenheit den Wählerwillen zu verfälschen.“, erläutert Andreas Bär, SPD-Fraktionsvorsitzender und Bürgermeisterkandidat, „Eine Ablehnung von Reiberts Entscheidung wurde in den kommenden zwei Wochen seitens der CDU weder ihm, noch den anderen angeschriebenen Fraktionsvorsitzenden kommuniziert. Erst am Sitzungsabend bestand die CDU plötzlich auf einer Abstimmung in regulärer Besetzung. Dies lehnte Reibert mit Hinweis auf die vorab kommunizierte Regelung und die im Vorfeld ausgebliebene Rückmeldung der CDU ab. Diese Entscheidung wurde nach Beschwerde der CDU von der Kommunalaufsicht als unzulässig eingestuft. Daraufhin hat Reibert sich öffentlich für seinen formalen Fehler entschuldigt. Ich war der festen Überzeugung, dass damit die Situation im Sinne einer guten Zusammenarbeit im parlamentarischen Ehrenamt geklärt sei. Schließlich verfolgte Reibert ein menschlich anständiges Ziel, nämlich den Schutz von Angehörigen der Corona-Risikogruppen. Daher bin ich mehr als überrascht von der Rücktrittsforderung, die ich vor diesem Hintergrund als ungerechtfertigt erachte.“
„Gleiches gilt für den erhobenen Vorwurf der fehlenden Informationsmöglichkeiten aufgrund ausgefallener Ausschusssitzungen.“, so Bailey weiter, „Es entspricht schlicht nicht der Wahrheit, wenn seitens der CDU behauptet wird, dass wichtige Entscheidungen ohne ausreichende Beratungen ‚durchgedrückt‘ werden sollen. Vielmehr haben die unparteiisch agierenden Ausschussvorsitzenden nach Abwägung des Aufrufs der Bundesregierung zur Vermeidung unnötiger Zusammenkünfte einerseits, den zur Behandlung anstehenden Tagesordnungspunkten entschieden, dass die Ausschusssitzungen schadlos entfallen können. Auch in normalen Zeiten ist es nicht ungewöhnlich, dass die Ausschussvorsitzenden abwägen, ob eine Sitzung stattfinden muss.“ Insgesamt sieht Bailey das Verhalten der CDU vor dem Hintergrund der zweiten Corona-Welle kritisch: „Es darf nicht sein, dass mit Corona Wahlkampf gemacht wird. Doch das Gegenteil ist wie geschildert der Fall. Auf Wunsch von CDU und FWG soll sogar die nächste Stadtverordnetenversammlung trotz bundesweitem Lockdown in voller Besetzung stattfinden. Dies bedeutet, dass auch Menschen aus der Risikogruppe nach dem Willen dieser beiden Parteien an der Sitzung teilnehmen sollen. Womöglich erhofft man sich dadurch eine Mehrheit an dem Sitzungsabend. Den damit erzeugten Druck zur Teilnahme von gesundheitlich Gefährdeten halte ich für falsch und gefährlich. Die Gesundheit der Menschen sollte Vorrang vor politischen Spielchen haben, zumal der Wählerwille auch im reduzierten Rahmen sichergestellt wäre. Dies ist nicht nur die Position von Gunther Reibert, sondern auch die der gesamten SPD Nidderau.“